Erfolgreiches Miteinander -5-

Manchmal ist es schwierig, Menschen zu ändern. Aber Hunde ändern sich sofort, wenn sie einen ruhigen und bestimmten Rudelführer vor sich haben. (aus: Der Hundeflüsterer von & mit Cesar Millan)


Statt „zur Beruhigung“ auf dem Schoß des Beifahrers, empfehle ich zur Abholung eines Hundes eine Transportbox, die dem Tier während der ohnehin aufregenden Ereignisse Sicherheit und Schutz vermittelt. Auch im neuen Zuhause sollte sie eine ganze Weile stehen bleiben, damit sich der Hund zurückziehen kann. – Ruht sich der Hund in der Box oder einem anderen, ihm zugestandenen Platz aus, hat dies JEDER zu respektieren und den Hund in Ruhe zu lassen!

Was gemeinsame Aktivitäten betraf, verliefen die ersten Tage mit Panda damals völlig unspektakulär: er war da und wurde außer zu den Futter- und Gassizeiten weder von mir noch von Gino großartig beachtet – klingt hart (wenn man kein hundisch kann), bringt für die Zukunft dafür Punkte auf allen Seiten. Ein bereits vorhandener Hund macht es nicht anders: mal gucken, wer da zur Tür rein kommt, evtl. kurz schnuppern und wieder gehen.

Einfacher, als uns schlichtweg an den Hunden selbst zu orientieren, können wir es uns – und ihnen – nun wirklich nicht machen!

Hinweis: Man muss jedoch darauf achten, dass das Ignorieren nicht kippt und in soziale Isolation ausartet! Diese Gratwanderung schafft man nur, wenn man entweder sehr belesen und informiert ist oder mit kompetenter Hilfe.

Durch eine mir bekannte Hundetrainerin wurde die Igno-Zeit nach etwa fünf Tagen aufgehoben. Selbst wenn man sachlich-hundisch, statt mit „tiefster Tierliebe“ an die Sache rangeht, war und ist es absolut nicht einfach, so einen Wurm tagelang „nebenher laufen“ zu lassen.

Bei Sam sah es schon etwas anders aus: ihn längere Zeit zu ignorieren, war allein aufgrund seiner Ich-bin-da-wo-ist-der-Rest?!-Mentalität schier unmöglich, sodass ich mir bei ihm eine gänzlich andere Methode einfallen lassen musste. Er erfuhr Bestätigung durch Beachtung oder wurde meinerseits angeknurrt, wenn er den Bogen zu überspannen drohte.

Bei Panda sowie bei Sam hatte ich entsprechend Zeit, mich auf jede Nase für sich zu konzentrieren – bei Panda, einem Haufen Elend, mit größerem Aufwand als beim Dackele.

Mit Annahme von Panda richtete ich mich die ersten Wochen auf dem Sofa zum Schlafen ein, stellte mein Radar 24 Stunden voll auf Empfang und legte mir für die Nacht eine Taschenlampe zurecht.

Die ersten Tage schlief ich meist vor Müdigkeit in meiner Straßenkleidung ein, sodass ich im Bedarfsfall nur noch in die Schuhe musste, Jacke drüber und Raus! *wie praktisch*

Von der Standardempfehlung: wenn der Hund in die Wohnung gemacht hat, nimmt man ihn sofort und bringt ihn nach draußen, verabschiedete ich mich bereits nach dem 1. Tag: neben 1x draußen gepinkelt, wurde vorher 3x in die Wohnung gemacht, 3x ging’s sofort raus, ich erntete unverständliche Blicke von Panda und natürlich kam nichts mehr weiter; er hatte sich ja bereits entleert!

Bei der Welpenerziehung mag das funktionieren, um auch die Schließmuskulaturen zu trainieren, bei einem älteren Hund ist es reine Abschätzung – ich konnte es grad sein lassen.

Gerade am Anfang sollte weder Zuhause, noch Draußen „Highlife in Tüten“ herrschen. Lasst den Hund einfach mitlaufen. Eure neue Pfote hat mehr als genug zu tun, mit den veränderten Umständen klar zu kommen. Ihn auch noch zusätzlich zu bespaßen, wäre äußerst kontraproduktiv.

Ich weiß nicht warum und woher, aber irgendwie hatte ich das sichere Gefühl, Panda wusste ganz genau, dass Hund sich nur außerhalb von Räumen lösen durfte – was er nicht wusste, vielleicht nie gelernt hat oder ich anfangs nicht verstand: Was ist sein Signal, sich mitzuteilen, dass er raus muss?!

Es war somit meine Aufgabe, Pandas „geschäftliche Bedürfnisse“ zu erkennen und mich erst mal nach ihm zu richten, statt ihm von vornherein unseren Zeitplan – Ginos und meinen – aufzudrücken.

So ziemlich alle Hunde aus dem Tierschutz sind im neuen Zuhause bzw. in der Pflegestelle nicht 100% stubenrein, auch wenn dies (wie vieles Andere auch) gerne Glauben gemacht wird.

Neben Transportstress und einem durcheinander gekommenen Rhythmus, liegt die Ursache meist darin, dass die Tiere nach ihrer (gerechtfertigten?) Rettung in Tierheimen und anderen Auffangstationen untergebracht werden, die nur wenig bzw. unregelmäßige Gassigänge bieten können, wodurch die Tiere dazu gezwungen sind / es lernen, sich dort zu lösen, wo sie sich gerade befinden.

Übernimmt man einen Hund aus einer kompetenten Pflegestelle, ist das Thema Stubenreinheit recht schnell erledigt, sofern man sich an die empfohlenen Zeiten hält oder diese gekonnt auf den eigenen Alltag umzustellen weiß.

Außer darauf zu achten, dass man keine allzu unbedachten Bewegungen oder Geräusche macht, hat man in der Eingewöhnungsphase eines Straßenhundes nicht mehr oder weniger körperlichen Stress, wie bei einem „einfachen“ Hund oder während der Welpenerziehung.

Es dauerte ein gutes Jahr, bis Panda zu einem aufgeweckten, seinen Kapazitäten nach selbstbewussten Hund wurde, der das Leben zu genießen lernte.

Was jedoch nicht unterschätzt werden darf, ist die (unbewusst?) mentale Anspannung: nach etwas über 1 Woche war ich durch Panda derart neben der Spur, dass ich grundsätzlich mit Kopfschmerzen aufwachte, die nur mit Tabletten in den Griff zu kriegen waren und irgendwie hatte ich an manchen Tagen überhaupt keinen Bock auf Hund – noch nicht mal auf Gino, der ja schon „fertig“ war und mit dem alles „wie von selbst“ abläuft.

Dies legt sich allerdings relativ schnell wieder. Es bleibt einem ja auch nichts Anderes übrig, als den inneren Schweinehund zu überwinden, um der sich selbstgestellten, übernommenen Aufgabe verantwortungsbewusst gerecht zu werden.

Wichtig: Weder von sich, noch vom Hund gleich zu viel erwarten bzw. die Situation(en) unterschätzen! Selbst unsicheres und/oder panisches Verhalten, das „unter Kontrolle“ oder „ausgemerzt“ erscheint, kann sich ganz spontan wieder zeigen und massiv besch…eidene Auswirkung haben.