Ein verantwortungsvoller Hundehalter wird immer bemüht sein, so viel wie möglich über das Ausdrucksverhalten und Verhaltensrepertoire seines Hundes zu erfahren, denn nur so kann er ihn verstehen, was wiederum die unbedingte Voraussetzung für adäquates und faires Handeln ist. (aus: Mensch-Hund Psychologie von Jörg Tschentscher)
Meinen ersten, eigenen Hund erhielt ich Mitte der 90er von einem Bauernhof: ein Unfallwurf aus der unkontrollierten Verpaarung einer Labradorhündin und einem Schäferhundrüden; die Welpen wurden verschenkt.
Blind vor Begeisterung und Faszination, nun doch endlich meinen lang ersehnten Hund zu haben, verschwendete ich damals keine Gedanken daran, was ein Hund ist, wie er wirklich tickt, welche grundsätzlichen Bedürfnisse er hat, wie er sich dem Menschen mitteilt etc. – Ich war schließlich „schon“ 21, führte meinen eigenen Haushalt und hatte schon zu vielen Hunden Kontakt! … Mhm.
In Bezug auf seine Erziehung und allgemeine Haltung, orientierte ich mich an dem, was ich als Kind und Jugendliche von meinem Hundehalter-Umfeld aufgeschnappt hatte, respektive was mir vermittelt und vorgelebt wurde, ohne mich selbst gezielt weiterzubilden. – Kennst du einen Hund, kennst du alle Hunde! … Mhm.
Ich hatte mir meinen 6-wöchigen Jahresurlaub genommen, brachte ihm in dieser Zeit die üblichen, weltbekannten Grundkommandos und Stubenreinheit bei. Das sollte doch eigentlich erst mal reichen, danach würde es schon irgendwie gut weiter gehen, oder?! Das Ende vom Lied: mein Hund wuchs mir im wahrsten Sinn des Wortes über den Kopf.
Er nahm mich nicht die Bohne für voll, stellte mich prinzipiell in Frage und übernahm demzufolge das Kommando zwischen uns, ohne dass ich es merkte (merken wollte?) bzw. unsere Situation hinterfragte und verweigerte im Großen und Ganzen den Gehorsam – er war ja „sooo süß“ und „lieb“ und freundlich.
Bis auf den Jahresurlaub, in dem ich mich intensiv um ihn kümmern konnte, habe ich ihm ggü. sehr Vieles falsch gemacht, was mir allerdings erst sehr viel später bewusst wurde. Nach nur sieben gemeinsamen Monaten war ich mit seiner Haltung schlicht überfordert.
Mir wie ein Versager vorkommend, war es mir ganz recht, dass ich aus beruflichen Gründen viele Jahre an gar kein Haustier denken konnte.
Als es mir wieder möglich war, ein Haustier zu halten, zog ein Kater aus dem Tierheim bei mir ein und es folgten einige Jahre Haltung von samtpfotigen Opfern menschlicher Dummheit und Grausamkeit: 1 Kater wurde im Alter von ca. 3 Monaten in einer Tiefgarage gefunden, 1 Kätzin kurz vor knapp, verpackt in einer Mülltüte, aus der Mülltonne auf einem Rastplatz gezogen etc.
Im Frühjahr 2007, mein Katzenquartett bestand noch, kam ich durch eine ziemlich abgefahrene Gegebenheit wieder auf den Hund, obwohl ich gar keinen wollte: gegen (nicht über!) Gino 2 verlor ich eine Wette, wodurch er bei mir ein neues Zuhause bekam. Ja, ihr habt schon richtig gelesen: ich schloss eine Wette mit einem Hund ab und hatte schließlich nicht nur das ‚Nachsehen‘, sondern anfangs auch meine Schwierigkeiten mit ihm.
Ich war zu sehr der kumpelhafte, von Katzen zurecht gestutzte Typ, als dass ich ggü. einem „ach so armen Hund, der es ja so schwer hatte“ eine ganz klare Linie vorgeben konnte/wollte – das musste ich jedoch lernen, indem ich umdachte und mich so genau es nur ging mit dem Thema Hund auseinander setzte.
Dies half mir besonders bei Panda, meinem ersten, mir anvertrauten Pflege- und Angsthund, war zumindest ein Strohhalm, als ich es mit Sam zu tun bekam und ermöglichte es mir, für Meike und Sancho sowas wie eine Art Fels in der Brandung zu sein.
Ich verfüge mittlerweile über etwas mehr Wissen, bin zu extremer Selbstkritik imstande, als manch andere Hundebesitzer, die sich sich aufgrund von bereits „100 erfolgreichen Jahren“ Kanidenhaltung als allwissend betrachten. Doch mich als Profi oder Experte zu bezeichnen, überlasse ich gerne Anderen.
Werde ich um Rat gefragt, empfinde ich das meist wie eine Gratwanderung: ich bin mir oft sicher, dass mein Tipp in der Theorie sowie in der versierten Praxis ein (womöglich auch der) Lösungsweg ist, wenn man ihn entsprechend 1:1 umzusetzen versteht.
Was jedoch das Gegenüber tatsächlich daraus macht, liegt nicht in meiner Macht, weshalb ich mich meist sehr bedeckt halte und auf geschulte Trainer verweise, die aufgrund ihrer Honorare weit mehr Ernst abverlangen, wirklich dran zu bleiben.
Deshalb sei an dieser Stelle ganz deutlich darauf hingewiesen: Alle beschriebenen Trainingstipps und Erziehungsmaßnahmen basieren auf meinen eigenen Kenntnissen, gesammelten Informationen sowie individuell angepasste Vorgehensweisen auf den jeweiligen Hundecharakter, basierend auf der entsprechenden Situation und stellen somit keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit dar!
Was ich weiß und kann, eignete ich mir in jahrelanger, mühevoller und vor allem kostspieliger Kleinarbeit an, wozu ich jedem nur raten kann, der es mit (s)einem, von ihm abhängigen Hund wirklich ernst meint. – Und ich bin garantiert noch lange nicht am Ende allen Hundewissens angekommen.