Wir Menschen neigen dazu, die Hunde, die wir lieben, genau so zu behandeln wie die Menschen, die wir lieben. Doch eben diese Vermenschlichung von Hunden, die oft schon ab dem Welpenalter beginnt, legt den Grundstein für viele Problemhundkarrieren. (aus: Jeder Hund kann gehorchen lernen von D. Lenzen)
Was verändert sich für mich als Halter eines herzkranken Hundes?
Kurz und knackig: So ziemlich Alles!
Dieser allererste Moment, noch während der Untersuchung einem erklärt wird, was man dort auf dem Bildschirm „erkennt“, wie sich was verhält und wenn dann die Worte schwaches Herz, krankes Herz, eingeschränkte Funktion und/oder nicht voll belastbar fallen – dieser Moment ist irre schwer zu beschreiben:
Der eigene Hund liegt vor Dir auf dem Untersuchungstisch, auf der einen Seite des Tisches der (hoffentlich) kompetente vet.med. Kardiologe, auf der anderen Seite Du selbst, Deinen Hund streichelnd und um Fassung ringend. – Ohne jeglichen Argwohn oder Misstrauen liegt das Felljuwel da und lässt alles über sich ergehen.
Er verlässt sich auf seinen Menschen, der ihn mit leiser, lieber und scheinbar fester Stimmlage davon überzeugt, dass Alles gut ist, er das Alles ganz toll macht und er überhaupt der allerbeste und liebste Hund der Welt ist.
Als Mensch fängt man an, mit sich zu kämpfen: Jetzt nur nicht aufgeregt sein – zumindest nicht nach Außen! Keine Panik, keine Unruhe aufkommen lassen, um das geliebte Fell vor sich nicht auch noch irre zu machen. (Es gelingt nur bedingt.)
Du merkst einen Kloß im Hals aufsteigen und hast das Gefühl, gleich keine Luft mehr zu kriegen und dann spürst Du auch schon, wie die Tränen hoch kommen – jetzt bloß nicht unsicher und unruhig werden!
Allein die Worte des Kardiologen lassen die Diagnose wie ein sofortiges Todesurteil erscheinen – so präzise treffen sie einen.
Vor dem inneren Auge fängt ein Film an abzulaufen: Wie hat alles angefangen? Wie verlief die gemeinsame Zeit? Was hat man zuletzt miteinander großartiges unternommen? Was wollte man noch zusammen unternehmen?
Dann kommt eine Art Vor-/Abspann: Ende und Aus!
Du wirst Deinen Hund, mit dem Du soviel Schönes, Lustiges, manchmal auch Trauriges und Nachdenkliches erlebt hast, bald gehen lassen müssen!
Der Kardiologe kann Dir für’s Erste 100 Mal sagen: es ist noch (!) nicht so, dass er jeden Moment umkippt und stirbt, sein Herz ist nur etwas schwächer als ein Gesundes. Der Bereich der bestehenden Herzleistung ist noch (!) in Ordnung.
Das interessiert Dich erst mal nicht, in Dir bricht das totale Gefühlschaos aus: Angst, Traurigkeit, Wut (warum ausgerechnet dein Hund?!), Hilflosigkeit, Ohnmacht, noch mehr Liebe zu deinem Tier, dann wieder Verzweiflung, Panik, Unsicherheit – und trotz allem musst Du genau jetzt, nach Außen hin für Dein Fell souverän sein.
Das ist richtig hart und gelingt ebenfalls nur bedingt.
Du möchtest jetzt einfach nur Deinen Hund nehmen, die Praxis verlassen und so tun, als hätte es diesen Termin nie gegeben. Aber das geht nicht.
Es ist erst mal ein schwacher Trost: wenigstens hast Du rechtzeitig bemerkt, dass etwas nicht stimmte und gleich gehandelt – ohne vorher an die Kosten zu denken.
Nachdem Du Dich innerlich (einigermaßen) wieder gefangen hast, in der Verfassung bist, dem aufs Herz spezialisierten Tierarzt noch mal genau zu zu hören und zu realisieren: so schnell stirbt mein Tier nicht, außerdem kann ich ihm mit Medikamenten helfen! atmest du etwas durch.
Du guckst Dein Tier an, das immer noch seelenruhig auf dem Tisch liegt, Dir den ein und anderen Mach ich das gut, mein Mensch?-Blick schenkt und du denkst dir lächelnd: Ja, mein Schatz, supergut! Ich bin unglaublich stolz auf dich! (Und drückst eine Träne weg.)
Ab jetzt beginnt eine neue Zeitrechnung für Dich und Deinen Hund. >>